In 4 Schritten zum gelungenen Cover

Ein gut gemachtes Cover erkennst du sofort. Du hörst die vertraute Melodie und den bekannten Text, aber es groovt ganz anders. Der Künstler hat andere Instrumente benutzt oder ein komplett neues Arrangement geschrieben. Doch was steckt hinter einem Cover? Ich zeige dir, wie du mit 4 Fragen eine gelungene Coverversion erschaffst.

 

Was ist ein Cover?

Laut Wikipedia ist ein Cover die „Neufassung eines Musikstücks durch einen anderen Interpreten“.

Ein sehr wichtiger Aspekt dieser Neufassung ist die Interpretation. Die musikalischen Bausteine eines Songs (Melodie, Text, Harmonie, Instrumentierung) kannst du je nach deinem Verständnis eines Songs unterschiedlich ausweiten und so deine ganz eigene Version eines Songs erschaffen.

Ein gelungenes Cover ist originell und enthält überraschende Kombinationen aus dem Originalmaterial auf der einen Seite und dem Stil des Künstlers auf der anderen Seite. Die finnische Countryband Steve’n’Seagulls hat aus „Thunderstruck“ von AC/DC zum Beispiel das gemacht:

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Die rechtliche Seite eines Covers

Ich muss anmerken, dass das Urheberrecht sehr streng in der Auslegung eines Covers ist. So gilt nur eine möglichst originalgetreue Wiedergabe in Melodie, Harmonie und Arrangement als Cover, für die du keine Einwilligung des Künstler brauchst. Nachzulesen unter anderem in Wikipedia, Abschnitt „Rechtsfragen“.

Aus meiner Sicht ist das das bedauerliche Nachahmen. Eine Kopie, die du tausendfach in Youtube findest.

Sobald du etwas am Originalstück veränderst – Harmonie, Arrangement, Instrumente, Melodie, Text (die berühmte Umdichtung von „she“ nach „he“) – musst du die Einwilligung des Künstlers einholen. Sprich, dort, wo es für Musiker wirklich spannend wird – etwas nehmen und etwas Neues daraus kreieren, dass zu deiner Persönlichkeit passt – da grätscht das Urheberrecht rein. Uncool! (Was nicht heißen soll, dass ich Original Artists nicht auch verstehen kann, die durch diese Rechtsprechung ihre Musikstücke vor peinlichen Aktionen anderer Musiker schützen können.)

Also, besser nicht auf Youtube stellen, sondern im Proberaum damit experimentieren.

 

Ein gelungenes Cover erschaffen

Als Leitfaden stelle ich dir vier Fragen, die dir dabei helfen, eine tolle Coverversion zu erstellen.

 

1. Was passiert im Song?

Hör dir den Song an, kauf dir ein Leadsheet und analysiere ihn.

  • Aus welchen Parts besteht er? Die üblichen Verdächtigen heißen Strophe, Refrain, Bridge, Instrumental und Coda. In welcher Reihenfolge tauchen sie auf? Fehlen Parts?
  • Wie verläuft die Melodie? Ist sie in der Strophe eher tief, im Refrain höher? Bewegt sie sich nur im Bereich von 3 bis 5 Tönen oder spannt sie große Bögen? Enthält sie große Intervallsprünge und wie knifflig sind sie? Ein Oktavsprung ist einfacher als ein Septimsprung oder eine kleiner Sextsprung, obwohl die Oktave mehr Töne umfasst. Ein Sprung in die Tiefe ist meist kniffliger als ein Sprung nach oben. Sind lange Töne dabei, die viel Atemkontrolle brauchen? Oder viele Riffs, die Flexibilität von der Stimme verlangen? Geht die Melodie in der Harmonie auf oder singt sie ständig dissonant dagegen?
  • Wie kompliziert ist der Rhythmus der Melodie? Besteht er eher aus langen Noten (Viertel, Halbe, Ganze) oder aus schnellen Noten (Achtel, Sechzehntel)? Tauchen wiederkehrende Patterns wie 16tel-8tel-16tel (kurz-lang-kurz) oder 8tel-16tel-16tel auf? Läuft der Rhythmus mit dem Beat (on) oder gegen den Beat (off)? Tauchen Synkopen oder Triolen auf?
  • Wie viel Text kommt vor? Es gibt Songs mit viel Text, der schnell gesungen wird und eine lockere Zunge braucht. Es gibt Songs mit viel Text, der ganz normal gesungen wird. Zum Beispiel schreiben Singer/Songwriter oft ewig viele Strophen. Oder hat der Song nur wenig Text, der zudem oft wiederholt wird. In welcher Sprache ist der Text?
  • Was sind die wichtigsten Harmonien und Wendungen? Steht der Song in Dur (sehr häufig), in Moll (schon etwas seltener, aber noch normal), in der Bluesskala (eher im Jazz) oder gar in einem Kirchenton (selten)? Welche Akkordfolgen kommen vor? Sind manche Parts, oft zum Beispiel die Bridge, anders harmonisiert?
  • Wie ist das Metrum und der generelle Rhythmus? Ist der Song schnell oder langsam? Hat er einen geraden Beat oder kommen bestimmte Rhythmuspatterns vor wie in lateinamerikanischen Songs?

Kurz gesagt, wie ist der Song aufgebaut? Ein Cover gelingt nur dann, wenn du die Basis kennst. Respektiere das Original.

 

2. Was gefällt dir am Song?

Was fasziniert dich an diesem Song? Ein treibender Beat? Besonders hohe Töne? Der Song des Sängers? Eine Begleitung, die so sehr fließt, dass du keine Akkordwechsel hörst?

 

3. Was ist dein Stil?

Als Sänger hat man einen eigenen Stil. Am besten ist es, wenn du dir dessen auch bewusst bist.

„Erkenne dich selbst.“

 

  • Was magst du? Welche Genres, welche Künstler? Was haben diese gemeinsam?
  • Was kannst du? Wie groß ist deine Vocal Range? In welchen Sprachen kannst du singen und fühlst dich dabei wohl? Wie flexibel ist deine Stimme? Welche Instrumente spielst du?
  • Was ist dein Kennzeichen als Sänger und Musiker? Was macht dich einzigartig?

Eine Coverversion gelingt dann am besten, wenn du einen eigenen Stil hast und diese Originalität einbringen kannst. Egal, wie unaufregend es dir vorkommt: Du hast etwas, das andere Sänger nicht haben.

 

4. Wie kannst du den Song mit deinem Stil verbinden?

Die vierte Frage vereint alle Erkenntnisse, die du aus den anderen 3 Fragen gewonnen hast.

  • Welche Elemente des Songs möchtest du übernehmen, weil sie toll sind und zu dir passen?
  • Welche Elemente musst du übernehmen, damit der Song erkennbar bleibt? Behalte auch im Hinterkopf, was im Original gut funktioniert hat.
  • Welche Elemente möchtest du ändern oder weglassen?

Daraus kristallisiert sich deine Absicht heraus. Warum coverst du den Song? Was möchtest du damit ausdrücken?

 

Fazit

Ein gelungenes Cover zu erstellen ist ein Prozess. In Glücksmomenten läuft er innerhalb weniger Stunden ab, so dass du am Ende des Tages ein geiles Cover hast. Häufiger ist es jedoch wirklich ein Prozess. Ein bisschen wie Alchemie – ausprobieren, testen, experimentieren.

Am Samstag erscheint ein weiterer Artikel zu diesem Thema. Darin werfe ich einen Blick auf verschiedene Coverversionen von Metallicas „Nothing Else Matters“: hier entlang.

Viel Spaß bei deinem Prozess!

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